Tagebuch - Christoph & Lollo

April bis Mai 2003:

  • 02.04.03.: Vorstadt, Wien
    Wenn man mit der 9er-Strassenbahn bei der Camillo-Sitte-Gasse aussteigt, braucht man nur noch ein bisschen nach vorne, dann ein bisschen nach rechts gehen, und schon ist man beim Vorstadt. Was uns mit dem Vorstadt verbindet, ist, dass unser allererster Auftritt hier stattfand. Damals hatten wir ungefähr fünf Lieder zu präsentieren und trauten uns zu, als Pausenfüller bei einem der damals noch raren Stermann und Grissemann-Auftritte auf eine Bühne zu steigen, in der Vorstadt. Das ist nämlich nicht nur ein Gasthaus, sondern es gibt da auch einen Raum, in dem sich eine kleine Bühne befindet. Wir waren erst ein paar Minuten dort angekommen, da kam der Uli und sagte dem Christoph, dass er mit ihm einmal reden müsse, weil der hätte da etwas missverstanden mit dem Rock´n´Roll, weil er erst an diesem Tag nach Hause gekommen war. Der Uli ist unser Chef, der erklärt uns, wo´s langgeht, wenn wir einmal nicht weiter wissen. Beim Soundcheck haben wir ein paar Beatles-Nummern gesungen, soweit wir den Text kannten, also eine Strophe und ein Refrain. Vorm Auftritt durften wir noch etwas essen, die teuersten Speisen (Wildschwein und Fisch) waren uns verwehrt, der Christoph konnte sich seine Obelix´schen Fressphantasien also in die Haare schmieren. Letzten Endes waren es dann ein Zwiebelrostbraten und ein Backhendlsalat. Was wir vergaßen zu erwähnen: Weil wir bei unserem ersten Auftritt Anzüge trugen, und nun, nach acht Jahren wieder im selben Lokal waren, haben wir uns wieder in die feine Panier geworfen, es waren übrigens dieselben Anzüge wie damals, wir haben keine anderen. Das haben wir den Leuten bei unserem Auftritt auch erzählt, genauso die Geschichte, wie es zu dem Geplapper zwischen unseren Liedern gekommen ist. Wir hatten uns nämlich damals, bei unserem ersten Auftritt gedacht, damit könnten wir davon ablenken, dass wir nur fünf Lieder haben. Komischerweise ist es aber so: Je mehr Lieder wir hatten, desto länger wurden unsere Unterhaltungen. Was unseren Auftritt betrifft, fällt uns wieder einmal wenig ein. Jedenfalls saß das Publikum auf den Sesseln, die in Reihen und an Tischen aufgestellt waren, und das, das Sitzpublikum nämlich, erzeugt eine grundlegend andere Stimmung als ein Rocknrollbetonhallenstehkonzert. Wir finden, dass wir ruhig sagen können, dies war eine unserer besseren Performances, das hat auch der Papa vom Christoph gesagt, der war genauso da wie Christophs Mama, seine zwei Tanten und die Eltern vom Uli, eine ganz besondere Ehre, waren sie doch bisher noch nie auf einem Konzert einer seiner Bands. Unsere Zeit war dann schneller um, als uns lieb war, so ein ruhigeres Gasthauskonzert ist halt nicht so anstrengend wie oben erwähnte Rocknrollbetonhallenstehkonzerte, jedenfalls muss im Vorstadt um ungefähr zehn Uhr Schluss mit Live-Musik sein, wegen der Nachbarn, obwohl nachher reichlich seltsame DJ-Musik ertönen darf, die genauso laut ist wie ein Live-Konzert, das haben wir nicht verstanden, wie wir vieles nicht verstehen in diesem mysteriösen Business. Jedenfalls wars sehr nett und einen Hund haben wir auch bekommen.


  • 04.04.03.: Triebwerk, Wr. Neustadt
    Anfahrt: Christoph holt Auto, holt Lollo, (dann wollten wir zum Fuchs, aber das ging sich nicht aus) dann zum Petsch-Moser-Proberaum, mit Piotr und Lukas und noch einem Lukas Sachen einpacken, Andi holen, dann zur Schule vom Bernd fahren und dann nach Wr. Neustadt, und dann sind irgendwann alle da. Im Triebwerk haben wir sogleich Kaffee und Kuchen aufgetischt bekommen, das war schön, dann aber erfahren, dass es doch keinen Wutzler gab, das war schlimm. Im Backstageraum hat der Lollo unter ein paar Sesseln ein kleines Kastenklavier entdeckt, eine lohnende Entdeckung, damit war die Unterhaltung mehr oder weniger gesichert, der Piotr ist schließlich ein verkappter Barpianist. Was haben wir nicht alles gesungen und gesummt, gejohlt und gegröhlt, jeder von uns war im Angesicht jener puren Lebensfreude, die einem dies Zusammensein schenkt, durchströmt von Wehmut, denn es würde unser letzter gemeinsamer Abend im Rahmen der Wintersporttour sein. Da aber sowohl Petsch Moser als auch wir als auch unsere jeweiligen Bookingfritzen als auch (wie wir den Eindruck hatten) das werte Publikum die gemeinsame Tour sehr schätzten, hatten wir beschlossen, das irgendwie weiterzuführen, wenn geht. Trotzdem: Vorläufig war dies unser letzter gemeinsamer Auftritt. Angefangen haben damit diesmal wieder Petsch Moser, war eine gefühlsreiche Zeit, ein bisserl schwierig zum zuschauen, weil neben der Bühne eine fette Säule steht, die einem Grossteil des Publikums die Sicht versperrt. Das Triebwerk war übrigens gut gefüllt, der Hoffmann hat gesagt, er hat mit Mädchen gesprochen, die extra aus der Steiermark gekommen waren! Um so beschämender, dass wir gegen Ende unseres Konzertes nicht mehr so dufte drauf waren. Der Christoph hauptsächlich, der Lollo war heute für seine Verhältnisse sehr gut gelaunt - so ist das halt, mit diesen Gefühlen: unberechenbar fallen sie einem in den Rücken. Vielleicht war´s ja auch die ganz ganz heisse Hitze, die die Gemüter so unterschiedlich durcheinanderbrachte. Der Joker und der Christoph vom Triebwerk hatten uns vorher gewarnt, dass es hier sehr heiss würde, wir haben da noch gesagt "Ach, wir haben schon viel erlebt, in Linz unlängst zum Beispiel, da war es heiss..", aber jetzt erklären wir beide feierlich: Noch nie war uns auf einer Bühne so heiss wie an diesem Abend im Triebwerk! Aber eigentlich waren das genau die richtigen Verhältnisse für das, was Petsch Moser und wir uns vorgenommen hatten: Weil das ja unser letztes gemeinsames Konzert war, haben wir beschlossen, den Aspekt des Gemeinsamen so richtig zu leben. Wir hatten uns am vorhergehenden Tag getroffen und ein bisschen gejammt, wie man unter Musikern sagt, und uns gedacht, wenn die Stimmung passt und so, dann spielen wir was zusammen in Wr. Neustadt. Also es war quasi abgemacht, jedoch als wir beide schon auf der Bühne standen, deuteten uns die anderen, dass sie doch nicht wollten, und so war dann die Freude sehr gross als sie einige Zeit später die Bühne bestiegen, und gemeinsam rockten wir das Haus. (Übrigens: Was die Petsch Mosers bewogen hatte, doch noch einmal auf die Bühne kommen zu wollen, war, als wir beide im Zuge unseres durchkonzeptionierten Liveprogramms beim Lied Hautamaeki-Duell das Petsch-Moser-Lied Schöner Ort ansangen, das geht leicht, sind nämlich die selben Akkorde. Jedenfalls hat das Publikum sich dann deutlich hörbar gefreut über dieses Zitat, und diese positiven Emotionen haben dann Petsch Moser spontan dazu gebracht, doch noch die Bühne zu betreten. Sie sehen also: Es ist bei Rockkonzerten durchaus sinnvoll, seinen Gefühlen hörbar Ausdruck zu verleihen.) Es hat auf jeden Fall Spass gemacht, das gemeinsam musizieren, obwohl uns dabei klar wird, dass wir zwei nicht aus freien Stücken solch minimalistische Musik machen, sondern deshalb, weil wir halt doch keine wirklichen Rocker sind. Wie es die Leute im Publikum gefunden haben, wissen wir nicht so genau, wir haben nur gehört, wie sie über die Liederauswahl gelacht haben. Wo wir in diesem Tagebucheintrag nunmehr zum Punkt "Ende der künstlerischen Darbietung auf der Bühne" kommen, bitten wir, vor allem Christoph, noch einmal um Vergebung, der schlechten Laune wegen, so schlecht war sie, dass wir nur eine Zugabe gaben. Aber das mit den Zugaben ist doch eh Kinderkram. Es war noch ein schöner Abend, sehr schade daran war, dass sich der ganze Tross nach und nach zerfranzt hat, es wäre halt schön gewesen, den Abend auf dem Weg zum und im Hotel ausklingen lassen zu können, um in den Erinnerungen der letzten paar Wochen zu schwelgen. Die Tour bot uns reichlich Gelegenheit, zu singen, zu spielen, nette Unterhaltungen zu führen, ab und zu einmal ein Gläschen zu trinken, und deshalb möchten wir herzlich danken dem Lukas, dem Christian, dem Andreas, dem Piotr von Petsch Moser, den Chefs Uli, Senxti und Sebastian, und den anderen, hauptsächlich wohl dem Gerry, dem Michi, dem Bernd, dem David, und überhaupt den ganzen netten Menschen, denen wir da unterwegs begegnet sind. Danke.


  • 12.04.03: Kabaretttage, Appenzell (CH)
    Heute saß der Uli am Steuer seines Autos. Wir zwei saßen abwechselnd am Beifahrersitz und auf der Rückbank, was unterschiedliche Körperregionen belastet - wie der Uli das lange Sitzen aushält, wissen wir nicht. Er hat uns zwar erzählt, dass er es schafft, indem er von Zeit zu Zeit den hydraulischen oder elektrischen oder so Sitzpositionverstellungsmechanismusbedienungsinstrumentenhebel betätigt, aber nachdem wir es später selbst ausprobiert hatten, haben wir es ihm nicht mehr geglaubt. Die Fahrt von Wien nach Appenzell, was in der Schweiz ist (da kommt der Käse her, weisst du es?), ist eine lange. Kurz bevor wir in Appenzell ankamen, sahen wir in einer ziemlich einsamen Gegend plötzlich ungefähr 70 parkende Autos, aus denen vereinzelt gerade Männer ausstiegen. Die hatten jeweils ein Gewehr auf der Schulter, und nachdem sie das Auto zugesperrt hatten, gesellten sie sich zu den anderen, die in Richtung Waldrand marschierten. Da die Männer alle ernste Gesichter machten, und es sich offensichtlich nicht um ein folkloristisches Böllerschiessen handelte, sondern um etwas wofür man moderne Gewehre braucht, bekamen wir es ein bisschen mit der Angst zu tun, und der Uli hat geschaut, dass wir da schnell weiterkommen, man kann ja nie wissen. In Appenzell dann haben wir eine hübsche Frau nach dem Weg zum Hotel gefragt, das gleichzeitig unser Veranstaltungslokal war, die hat dann auf ein Haus zehn Meter links von ihr gezeigt, also haben wir gelacht. Der Lollo, der auf der Rückbank sah, hatte das riesengrosse Schild, auf dem Hotel Krone stand, schon vorher gesehen, schaffte es aber trotz mehrerer Versuche nicht, die geifernden Kollegen davon abzuhalten, die junge Blondine im Cabrio anzureden. Dort im Hotel haben wir uns gleich die Biberflad angeschaut, die es zu gewinnen gab. Das ist eine Art Lebkuchen, gefüllt mit etwas, das so schmeckt wie Marzipan. Im Ganzen hat so eine Biberflad einen Durchmesser von zirka 30 Zentimeter. Zwischenerklärung, was wir dort überhaupt gemacht haben: Man hat uns zu einem Kabarett-Wettbewerb im Rahmen der Appenzeller Kabaretttage eingeladen. Der Wettbewerb heisst de goldig biberflad, was sich auf oben beschriebenes Backwerk bezieht, obwohl man uns erklärt hat, dass das genaugenommen keine Biberfladen, sondern Biber sind, aber das ist jetzt zu kompliziert, und wir haben uns eh schon schwer getan, die Leute dort zu verstehen. Jedenfalls haben wir die Conferenciere kennengelernt und den Sarbach, der war einer unserer Konkurrenten um de goldig Biberflad. Bei ihm haben wir uns noch schwerer getan mit dem Verstehen, weil er aus dem Emmental kommt, wo ein für uns besonders rätselhafter Dialekt herrscht, er hat sich aber sehr bemüht, für uns verständlich zu reden. So konnten wir es uns dann in Erfahrung bringen lassen, dass der Sarbach dort bei den Kabaretttagen im Zuge einer 30-tägigen Tournee durch die Schweiz auftritt. Der Knüller an der Sache ist: Er ist dabei nur mit einem dreigängigen Fahrrad unterwegs, mit seiner Gitarre und allem anderen am Rücken (in einer raketenförmigen Box) und muss jeden Tag durchschnittlich 60 Kilometer zurücklegen, um zum nächsten Auftritt zu kommen! Dort spielt er dann Lieder, das heisst er singt etwas und spielt auf der Gitarre dazu, wir können den Wortlaut seiner Texte aber nicht verstehen, also wir haben keine Ahnung worum es in den Liedern geht. Von der dritten "Partie" des Abends, dem Frauenduo Schümlipflümli, haben wir ein bisschen mehr verstanden, die machen sich zum Beispiel gerne über Schweizer Bräuche lustig und können gut jodeln, und tanzen können sie auch. Aber wir haben den Zeitstrang verloren. Wir alle nacheinander sind eben dort aufgetreten, die Conferenciere davor, dazwischen und danach, die haben wir ziemlich gut verstanden, wenn sie sich bemüht hat. Jetzt war es ja so, dass wir nicht genau wussten, warum gerade wir zu einem Kabarettwettbewerb (noch dazu in der fernen Schweiz) eingeladen werden, und wir hatten schon überlegt, ob wir uns da nicht etwas überlegen sollten, anstatt so wie immer einfach draufloszumachen, aber wir haben uns dann nichts überlegt. Wir hatten nur etwa 20 Minuten Zeit für unser Gesinge und Gespiele, das ist wirklich kurz. Aber wahrscheinlich hätten wir auch nicht gewonnen, wenn wir zweieinhalb Stunden gespielt hätten. Wir mussten uns beeilen, weshalb die Liedauswahl vielleicht auch etwas unkonventionell ausfiel, aber was soll´s. Nach den Auftritten gab nach geraumer Zeit die Conferenciere die Gewinner bekannt, da sind wir alle auf der Bühne gestanden und haben uns angehört wie die Begründung der Jury verlesen wurde, das war ein bisschen unangenehm, das dort so stehen. Sieger waren Schümlipflümli aus Zürich. Als die Veranstaltung vorbei war, haben wir uns kurze Zeit neben den Stiegenabgang gestellt und uns von den Leuten verabschiedet, das war eigentlich recht nett. Auch nicht unbequem, weil unser Hotelzimmer genau an dieser Stelle seine Tür hatte. Wie die Leute weg waren haben wir noch mit dem Sarbach geredet und unsere Trost-Biberflad gekostet. Dann gab es noch ein Essen für alle Beteiligten in einem nahegelegenen Haus, wo der Plafond so niedrig war, dass wir alle, der Uli, der Christoph und der Lollo, mit dem Scheitel anstießen, und wenn wir herumgingen, sah es ein bisschen so aus wie Autodrom. Wir haben das sehr lustig gefunden, viele andere dort auch, wir haben aber trotzdem nicht gewonnen.


  • 18.04.03: Shelter, Wien
    Für heute hat man uns ins Shelter eingeladen, wo wir schon einmal aufgetreten sind. Der damalige Anlass war Petras Geburtstag, der heutige hatte mit dem Schlammi und dem Integrationshaus zu tun. Das Integrationshaus ist ein Haus, in dem Flüchtlinge betreut und beraten werden, der Schlammi hat einen ausgenommen lustigen aber auch attraktiven Bart und versucht das Integrationshaus zu unterstützen, indem er durch Griechenland läuft (schauen Sie auf seine Website, dann verstehen Sie das). Unser Auftritt heute im Shelter war die musikalische Untermalung der Abschiedsparty für den Schlammi, der ein paar Tage später losgelaufen ist. Der Auftritt im Shelter war für uns etwas Besonderes, weil wir anfingen, Lieder zu spielen, die nicht von uns sind, als wir das erste Mal im Shelter auftraten, und so haben wir beschlossen, es heute ähnlich zu machen; das ist nämlich so, dass man förmlich nach Abwechslung dürstet, wenn man immer die selben Lieder singt und spielt, und deswegen ist man ständig auf der Suche nach geeigneten Anlässen, seien sie auch noch so nichtig, die einem aus dem Schispringerliedgefängnis auszubrechen erlauben. Und so kam es, dass wir, nachdem wir uns eingefunden hatten, uns vom Schlammi seine heroische Aufgabe erklären liessen, und auch schon gewutzelt hatten, uns in den Backstageraum zurückzogen und ein bisschen herumprobierten, was wir denn wenigstens ansatzweise können. Das war, wie man sich unschwer vorstellen wird können, nicht viel, und eigentlich ist es mittlerweile eh wieder jedesmal dasselbe. Jetzt ist es aber so, dass wir uns sowieso nicht mehr erinnern können, was genau wir da gespielt haben, also Schluss damit. Wir haben einen neuen Ausdruck gelernt vom Chef vom Shelter, der sagt "Zakopane!" stellvertretend für "Zack-zack, schnell, dalli, sofort". Ursprünglich wollten wir an diesem Abend unserem alten Freund Hoffmann zum zwanzigsten Konzertbesuch gratulieren, aber der hat uns gleich gesagt, dass es sich aufgrund eines Fehlers in seinen Aufzeichnungen um das bereits einundzwanzigste Konzert handelte, also Pustekuchen mit Gratulieren. Zum Auftritt gibt´s eigentlich nichts mehr zu erzählen, das steht ja schon weiter oben. Der Rest des Abends sind verschwommene Erinnerungen an Tischfussball und Männergespräche. Wir glauben, uns erinnern zu können, dass viele Gäste sich gut amüsiert haben, was sicher auch mit dem Buffet zusammenhängt, das der Tschitschi gemacht hat. Ausserdem ist es im Shelter ja ganz nett.


  • 01.05.03: Vetternwirtschaft, Rosenheim (D)
    Mitten in Bayern liegt Rosenheim, dort gibt es einen Biergarten namens Vetternwirtschaft, und dort sind wir hin, mit all unserem Equipment, also der Gitarre und der Gitarrenhülle. Aber ob die Vetternwirtschaft jetzt ein Biergarten ist..., also eigentlich ist es ein Lokal, und das hat auch einen Biergarten und der wird jedes Jahr am 1. Mai eröffnet und alle 2 oder 3 oder 4 Jahre wird ein neuer Maibaum aufgestellt, aber Schispringerlieder gab´s diesmal zum ersten mal. Mag sein, dass wir ab jetzt bis an unser Lebensende jedes Jahr am 1. Mai in der Vetternwirtschaft sein werden. Vermutlich aber eher nicht. Tatsache ist, der Flo ist mit uns hingefahren, wir haben die Andrea, den Bernd und andere nette Leute kennengelernt, und haben erst einmal versucht uns in die Grillgut und Hopfensaft verzehrende bayrische Großfamilie einzufinden, die hier in einem lauschigen Gärtchen mit Kinderspielplatz und Heurigenbänken feierte. Wir glauben, die meisten Leute haben nicht gewusst, dass wir an diesem Tag dort singen würden. Uns war also klar, das wir unser Bestes geben mussten, und, bei Gott, das taten wir. Insgesamt hat es wohl an die vier Stunden gedauert, bis wir uns endgültig von der rustikalen Bühne verabschiedet haben. Unser Marathonprogramm war unterteilt in den ersten Teil und den zweiten. Wir haben nämlich erst ein Konzert gespielt, ein ganz normales quasi, das seinen Schlusspunkt mehr oder weniger dadurch fand, dass der Lollo wegen des Bieres aufs Klo musste - was machen Rockstars in diesem Fall? Ganz klar: "Ihr wart ein wundervolles Publikum" - letztes Lied - kurz warten - Zugabe - Abgang. Dann sich kurz sammeln, mit Leuten reden, denen das Konzert gefallen hat und die wollen dass wir noch etwas spielen. Dann sich ein Bier holen und sich auf den Ausklang des Abends vorbereiten. Dann mit anderen Leuten, die noch etwas hören wollen, reden. Dann hat uns auch der Boss von der Vetternwirtschaft gesagt, dass wir schon noch einmal auf die Bühne dürften. Und dann kam die Kür. Da haben wir, prägnant formuliert, jeden Schwachsinn gespielt der uns in den Sinn kam. Zum Beispiel nur einige Refrains von einigen Liedern, weil wir weder den Text noch die Akkorde beherrschen. Also einerseits ziemlich unverschämt, so im Auftretende-Publikum-Verhältnis, andererseits irgendwie passend für eine Biergarteneröffnung. Wir können uns aber nicht erinnern, jemanden schunkeln oder laut mitsingen gesehen zu haben, also sind wir vermutlich keine wirklich tauge Biergartenband. Aber es hat uns großen Spaß gemacht, weil wir uns immer sehr freuen, wenn wir uns wie die Dodeln aufführen und die Leute sich trotzdem nicht beschweren. Zwischen den Liedern gab es übrigens Durchsagen, die die Leute animieren sollten, ins Kinderbaumhaus zu gehen, um dort Getränke zu kaufen. Was uns noch erwähnenswert erscheint: Die Andrea hat uns frische Biere auf die Bühne gebracht, auch wenn die alten noch gar nicht ganz leer waren. Ja, so ist Bayern.


  • 17.05.03: Jugendzentrum Atoll, Amstetten (NÖ)
    Drei Tage vor dem Termin rief unser Chef an. Oberste Alarmstufe: Die Rockband Wedekind kann aufgrund einer entzündeten Schlagzeugersehnenscheide ihren Konzerttermin im Amstettner Jugendzentrum Atoll nicht einhalten. Unser Auftrag: Krankenstandsvertretung. Für uns kein Problem, wir sind ja alte Rock´n´Roll-Vollprofis, ausserdem hatten wir Zeit. Also wurde das Konzert kurzfristig von Wedekind- auf Christoph&Lollo-Konzert umgetauft. Hingefahren sind wir mit dem Gitti. Das Atoll kann man schon aus einiger Entfernung sehen und auch erkennen, es besteht nämlich ausschliesslich aus weiss-blauen Baucontainern, ungefähr sechs. Oder auch mehr. Daneben gibt es zur Ausübung verschiedener Sportarten geeignete Gerätschaften, und als wir ankamen, stand ein Auto daneben, aus dessen Musikanlage Hip-Hop ertönte. Ein paar junge, kräftige Männer haben dem Gitti beim Hineintragen der Boxen und Kabeln geholfen. Die Leute vom Jugendzentrum waren auch sonst sehr nett zu uns. Als Essen haben wir uns Pizza bestellt (ausser dem Gitti [griechischer Salat]), und befürchteten erst, dass es sich um typische Bestellpizza handeln würde (labbriger Teig, lieblose Zubereitung), wurden dann aber durch 1A-Holzofen-Pizza überrascht. Ein Hoch auf diesen Pizza-Bestelldienst, dessen Namen wir vergessen haben! Dann haben die drei Punker von superSIZE jede Menge Lärm gemacht. Die hatten viel Energie, und ausserdem ist der Sänger ein großes Talent im Schreien, das kann ja nicht ein jeder. Wir waren derweil damit beschäftigt, uns über unsere Kreisläufe Sorgen zu machen, weil es war sehr heiss in den Containern. Nachdem superSIZE ihr Set vollendet hatten (wie man in dieser Branche so sagt), kamen dann wir dran, was den herumspringenden Punkern aus der ersten Reihe Gelegenheit gab, sich wieder zu erholen. Wenn jemand schon einmal auf einem Konzert von uns war, weiss er, dass es dort viel Gelegenheit zur Erholung gibt. Neben der Bühne stand eine Gruppe von mit Intersport-T-Shirts bekleideten jungen Männern, die waren ziemlich laut, was uns gestört hat. Wir haben´s auch gesagt, aber die waren trotzdem laut. Auf jeden Fall ist es nicht einfach, mit so einer Situation umzugehen, weil einerseits freut man sich natürlich über stimmliche Anteilnahme, andererseits lenkt es einen halt ab. Der Versuch aus diesem Dilemma auszubrechen endet bei uns darin, dass die Zuschauer glauben müssen, wir wären total überheblich. Sind wir dabei aber überhaupt nicht. Und bei dem Lied Ole Gunnar Fidjestoel ist jemand auf die Bühne gekommen und hat auf dem Schlagzeug, das superSIZE dort stehengelassen hatten, dazugespielt. Das hat uns auch nicht so toll gefallen, aber was hätten wir schon machen sollen? Wir sind aber auch arm, bei allen anderen Bands wäre das gar nicht möglich, bei denen sitzt ja schon jemand auf dem Schlagzeugsessel. Sonst war´s aber ganz okay, glauben wir, auch wenn wir die Details vergessen haben. Später haben wir wieder einmal klargestellt, wer die besten Tischfussballspieler in der Riege der Schipringerliedsänger sind. Wir haben zwei Mal verloren.


  • 23.05.03: Gasthaus Scheuchenstuhl, St. Oswald (NÖ)
    St. Oswald ist eigentlich ganz in der Nähe von Amstetten, trotzdem waren wir vorher zu Hause, wir sind dann einfach nocheinmal hingefahren. Die Woche die dazwischenlag verging eigentlich wie im Flug, keine großen politischen Umwälzungen, niemand den wir kennen hat geheiratet, und auch die Pflanzen auf Lollos Balkon waren kaum gewachsen. Aufgetreten sind wir dann im Gasthaus Scheuchenstuhl, über den Namen haben wir während der Fahrt ein paar Mal gelacht. Das Gasthaus Scheuchenstuhl (schon lustig, oder?) ist in einen großen Gebäudekomplex integriert, das war vermutlich ein Bauernhof, aber wir haben nicht nachgefragt und auch keine genaueren Untersuchungen angestellt. Zuerst haben wir es noch übersehen, haben deswegen den gesamten Ort kennengelernt, aber eineinhalb Minuten später haben uns auch schon zwei junge Männer vom Strassenrand zugewunken. Das waren übrigens Vertreter des Sport- und Kulturvereins St. Oswald (SKV), der veranstaltete das Konzert nämlich. Die zwei haben uns gleich in den Veranstaltungsraum geführt, uns ein Bier in die Hand gedrückt und uns das Bühnenbild gezeigt, also die Kulisse. Die haben sich grosse Mühe gegeben und eine genaue Kopie unseres Schispringer-Logos angefertigt, die war ca zweieinhalb Meter im Durchmesser gross. Toll gemacht, Viktor! Auch sonst war alles super, wir bekamen ein warmes Essen, das wir gemeinsam mit unserem Kindermädchen Bernd und dem Tontechniker Hans oder Franz genossen haben. Die Wartezeit bis zum Auftritt war diesmal fast nicht fad. Tischfussball, Sie verstehen.. An den Auftritt können wir uns wieder einmal nur schlecht erinnern. Nach ca 2 Stunden Schispringerliedern kam ein Mann zum Bühnenrand und fragte den Christoph, ob wir nicht endlich normale Lieder spielen könnten, schließlich seien ja auch normale Leute da. Auch sonst können wir uns an nichts Negatives erinnern, wir nehmen deshalb an, dass es ein schöner Auftritt war. Wir hatten dann noch Gelegenheit, mit Leuten zu reden, Kleidungsstücke zu beschriften und Hände zu schütteln. Später gab´s im Keller an der Bar auch noch Beisammensein und so, und weil wir schon in Appenzell einen Spass dabei hatten, beschlossen wir, uns auch diesmal von allen Leuten zu verabschieden. Der eine betrunkene Mann hat sich zuerst geweigert sich seine Hand schütteln zu lassen, so etwas muss man selbstverständlich zur Kenntnis nehmen, doch er hat sich dann noch anders entschieden. Die meisten anderen haben sich nicht so geziert.
    Auf der website vom SKV gibt es Fotos von dem Abend!

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