Tagebuch - Christoph & Lollo - September bis November 2003

  • 06.09.03: Loud&Proud-Festival - Bramberg, Salzburg
    Der Bernd hatte Nachtdienst, deswegen sorgten wir für ein Auto und holten ihn erst dann ab, damit er noch ein bisschen schlafen konnte. Wie beinahe jedesmal, fuhren wir auch heute viel zu früh los, was aber diesmal auf unserem eigenen Mist gewachsen war, respektive auf Christophs, der hatte sich nämlich die Landkarte angeschaut und gefunden, dass es sich auszahlen würde, noch bei Tageslicht an unserem Zielort anzukommen. Denn wir spielten heute beim Loud&Proud-Festival in Bramberg, das ist ein Ort im Pinzgau in Salzburg und dort sind überall hohe Berge rundherum, und für uns ist das etwas besonderes, weil wir aus einem Bundesland kommen, wo die höchste Erhebung 542 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Das Wetter war aber schlecht, daher gingen wir gleich ins Veranstaltungszelt und ließen die Berge Berge sein. Glücklicherweise sind wir ja schon alte Hasen im Geschäft, deshalb wissen wir, was man in solchen Situationen zu tun hat. Wir tranken Bier. Der Christoph verschwendete keine Zeit, sein gesamtes Beinkleid mit Bier zu tränken. Der Veranstalter sagte uns, wir könnten uns auch sonst bei Essen und Trinken nach Belieben bedienen. Also bestellten wir uns eine Pizza. Der Pizzabäcker war aber sehr misstrauisch und es dauerte geraume Zeit, bis er endlich Essenskarten abstempeln konnte. Dann fiel uns auf, dass es noch immer nicht wirklich später geworden war, also suchten und fanden wir Beschäftigung. Wir hatten vom Veranstalter ein paar Gratis-Eintrittskarten bekommen, die wir an Freunde hätten verschenken können. Wir haben aber keine Freunde, also plazierten wir uns beim Eingang und warteten auf Bedürftige, die unsere drei Tickets brauchen könnten. Ach, was hatten wir Spass! Wir starrten in die Dunkelheit und freuten uns wenn wir in der Ferne Zigarettenglut aufglimmen sahen, denn dann wussten wir, dass wir nun wieder jemandem unsere Karten anbieten konnten. So oft passierte das nämlich nicht, es waren nicht gar viele Leute auf dem Festivalgelände. Zwischendurch drehten wir uns immer wieder zu einem jungen Mann um, der für mindestens eine halbe Stunde verzweifelt versuchte, sein Fahrrad abzusperren. Wir trauten uns nicht, ihm unsere Hilfe aufzudrängen. Irgendwann traf dann ein Kleinbus ein, in dessen Kofferraum ein armer Mensch an eine Rodel (so heisst ein Gerät zum energiesparenden Transport von zB Bierkisten) gekettet war. Ausserdem hatte der auch eine Klobrille um den Hals gehängt und musste die ganze Zeit ein schweres Gewicht mit sich herumschleppen, an das er ebenfalls gekettet war. Wir brachten dann in Erfahrung, dass dieser Mann kurz vor seiner Hochzeit stand, und dass er einerseits noch einmal so richtig die Sau rauslassen wollte, und dass ihm andererseits von seinen Freunden, die ihn immer wieder an verschiedenen Orten anketteten, durch die Symbole Kette und Gewicht die Möglichkeit gegeben wurde, sich die ganze Sache noch einmal zu überlegen. Was es mit der Klobrille auf sich hatte, wissen wir allerdings nicht. Dann war es doch so weit, dass wir auf die Bühne durften. Die spielte lichteffektmäßig alle Stückeln, und wir glauben, dass man von ihr aus auch laut singen und Gitarre spielen konnte. Wie schon erwähnt, waren leider nicht viele Leute in dem Zelt, und die Stimmung war vielleicht auch aufgrund des Wetters nicht so super. Das war aber kein Grund für unsere erbärmliche Darbietung. Unser Bemühen war schon vorhanden, aber das ganze wirkte trotzdem ziemlich lustlos. Eigentlich hatten wir den Kampf um die Gunst des Publikums schon aufgegeben, bevor wir überhaupt begannen. Nachdem wir unser Programm heruntergespult hatten, war die Party eigentlich vorbei, weil wir die letzte Kapelle auf der Bühne waren. Dennoch wurde es gerade dann sehr lustig. Besonders viel Spass hatten der Christoph und der Lollo dabei, den Bernd zu beobachten. Der war an diesem Tag ganz besonders aufgeschlossen und redselig, charmant und zuwendungsbedürftig. Am Ende dauerte es sicher eine halbe Stunde, bis er sich von allen, vorwiegend weiblichen, Menschen verabschiedet hatte, die er kennengelernt hatte. Ausserdem lustig war ein Bursche namens Max, der in einer uns ganz fremden Welt wohnte, er ist unten auch auf einem Bild zu sehen. Wir wollen auch noch erwähnen, dass wir in Bramberg das dritte Mal einen Schuppen mit der Aufschrift "The Titty Twister" sahen.
    Danke, Jack von den Spiderwebs, für die Fotos:
    Christopf in Bramberg  Lollo in Bramberg  Rock´n´Roll am Loud and Proud  Lustiger Spass im Mehrzweckzelt  Bühnenaction und ausschweifender Lebensstil 

  • 25.09.03: attac-Fest - WUK, Wien
    Heute begann unsere 3-Tages-nonstop-Rock´n´Roll-Tournee-2003. Den bombastischen Auftakt bildete unsere Show beim attac-Fest im Wuk in der Währingerstraße in Wien IX. Das ganze hat eine Vorgeschichte: Vor längerer Zeit hat unser Plattenboss Christoph Moser mit ein paar jungen Damen die bei attac arbeiten geredet, wobei die Idee entstand, dass wir für attac eine Hymne oder etwas ähnliches schaffen sollten. Deswegen haben sich dieselben Damen mit uns getroffen, vor ungefähr dreieinhalb Jahren. Und während uns bei diesem Treffen im thailändischen Restaurant die Tränen in die Augen schossen, unterhielten wir uns mit Alice, Iris und Tina, und am Ende des Gesprächs sagten wir: "Ja gut, wir hören uns dann". Dann, vor circa vier Wochen, stand fest, dass ein Fest veranstaltet würde, auf dem wir auftreten und unser Lied präsentieren sollten. Das Lied war mittlerweile fertig (es heisst Globalisierungslied) und wurde am Vortag des Wuk-Konzerts im Studio von Christoph Amann aufgenommen. Es wurde am nächsten Tag auch gleich im Radio gespielt, unser Plattenboss hatte es dorthin mitgebracht, vielleicht kann man es ja irgendwann auch käuflich erwerben. Wie auch immer - heute taten wir etwas außergewöhnliches: Wir wurden gebeten, um halb sieben vor Ort zu sein. Da wir uns aber schon ausgemacht hatten, um sieben einzutrudeln, und es außerdem seit Jahren gewöhnt sind, immer um Stunden zu früh bestellt zu werden, waren wir diesmal erstmals so frech, zu sagen: "Nein, wir kommen eine halbe Stunde später". Ein bisschen überrascht waren wir dann schon, als wir sehr bald nach unserem Eintreffen aufgefordert wurden, einen Soundcheck zu machen, hatten wir doch angenomen, wir könnten die vermeintliche Unverfrorenheit der Veranstalter, uns viel zu früh bestellt zu haben, zumindest im Gespräch untereinander anprangern. Außerdem wurden unsere technischen Bühnenerfordernisse nicht erfüllt. Wir brauchen nämlich:
    2 Mikros
    1 D.I.-box
    1 Barhocker,
    aber es gibt im Wuk keinen Barhocker, und nicht einmal unser Plattenboss und unser Chef gemeinsam konnten die Leute aus dem Wuk-Beisl überreden, uns einen Barhocker zu borgen, also setzte sich der Lollo auf einen gemeinen Sessel. Unser Soundchecklied war, weil uns seit geraumer Zeit keine neuen Songs mehr einfallen, beziehungsweise wir entweder den jeweiligen Text oder die Musik oder beides nicht beherrschen, das Lied "Mei Naserl is so rot weil ich so blau bin" von Wolfgang Ambros und Reinhard Fendrich. In weiterer Folge ergab sich dadurch eine rege Backstageraum-Diskussion um den Text des Lieds "Schau Schatzi" von Wolfgang Ambros und Georg Danzer, wobei Texta sich als profunde Kenner des klassischen Austropop zu erkennen gaben. Auch sonst war es nicht ununterhaltsam den Buben beim Plausch zuzuhören, erstens weil der Christoph Moser im Backstageraum war, der von gemeinsamen lustigen Anekdoten erzählte (er ist nämlich auch Plattenboss von Texta), zweitens weil Texta Hiphopper sind, und die haben eine bisweilen ganz spezifische Sprache, obwohl wir von anderen weit Xenolingualeres gewohnt sind. Eine kleine Unterhaltung mit Bauchklang ging sich auch noch aus, bevor wir den Satz hörten: "Zaahts an, ihr seids gleich dran!". Nach kurzer Verzögerung unsererseits, gingen wir dann also auf die Bühne. Dass die vielen Leute, die sich da eingefunden hatten, sehr gut gelaunt waren, ist uns gleich aufgefallen, und es gelang uns dann auch das ganze Konzert lang nicht, daran etwas zu ändern. Logischerweise spielten wir auch unsere attac-Hymne, das Globalisierungslied, wegen dessen hat man uns ja erst hier auftreten lassen. Da hörten die Leute erst ganz aufmerksam zu und ließen uns danach mit den klassischen Publikums-Feedback-Instrumenten (Applaus, Johlen, Pfeifen, Heulen, Grinsen) wissen, dass das eh okay ist. Da waren wir beruhigt. Übrigens hat der Christoph der Monitortechnikerin kein einziges Mal gesagt, dass er sich lauter hören will, war aber kein Wunder weil es eh schon nicht mehr lauter ging, und die Technikerin die Freundin vom Lipo ist, seines Zeichens super und Lichttechniker unter anderem für Heinz. Das hat zwar überhaupt nichts mit diesem Auftritt zu tun, aber wir finden, dass das ein ganz sympathischer Mensch ist, und wir freuen uns immer, wenn wir ihn sehen. Uns fällt zum Auftritt selbst nämlich eh nix mehr ein. Doch man kann sagen, dass wir ein gutes Gefühl hatten, als wir von der Bühne gingen. Auch der weitere Verlauf des Abends war unterhaltsam, obwohl wir den Texta-Auftritt leider vollständig versäumten, weil wir bei einem "Geschäftsessen" über Schnitzel-Beilagen und Geschwister berühmter Filmtiere sprachen. Beim Bauchklang-Auftritt (voll supergeili, übrigens) waren wir dann wieder zurück, wir gingen aber trotzdem immer wieder in den Backstageraum, so ein Ortswechsel erhellt die eigene Partystimmung noch mehr. Und dass uns einige Leute über den Weg liefen, die uns ihre Wohlgesonnenheit versicherten, stimmte uns auch froh; die attac-Leute waren, denken wir, auch ganz zufrieden mit dem Abend. So wie wir.

  • 26.09.03: Summerendmove - Stadtsaal Steyr
    Wieder einmal pünktlich auf die Minute, so wie sich das für zwei Reformkatholische wie uns gehört, trafen wir am Parkplatz des Stadtsaals in Steyr ein. Der Stadtsaal, der genau so aussieht, wie alle anderen Stadtsäle oder Kulturhallen auch, war heute Schauplatz eines Gratis-Musik-Fests für die wahlberechtigte Steyrer Jugend. Zumindest musste unsererseits vermutet werden, dass der Großteil der erwarteten Gäste wahlberechtigt sein würde, weil der Saal mannigfaltig mit meinungsbildenden Plakaten oder Transparenten geschmückt war. Da fiel uns ein, dass in diesem Bundesland der Wahlsonntag bevorstand. Aber da die Bühne selbst keine Wahlwerbung aufwies und auch keine politischen Reden geplant waren, verzichteten wir auf die Einschaltung unserer hochbezahlten U.S.-Staranwälte. Schliesslich zogen wir uns in den Backstageraum zurück, das ist ein Ort, der uns einigermassen Sicherheit vor dem gemeinen Pöbel bietet. Aus dem selben Grund gingen wir dann auch in einen exklusiven Erlebnis-Heurigen, wo das Essen sehr fein war, auch Herrn DSL hat es gemundet. Mit ihm plauderten wir über dies und das, so dass wir uns selbst für eine gelungene Sozialtrainingseinheit loben müssen. Wieder im Backstageraum konnten wir uns vorsichtig ans erste Bier herantasten, den Spuren des Vortages zum Trotz. Man muss vielleicht erwähnen, dass wir heute nicht besonders gut gelaunt waren. Das hilft wenigstens ein bisschen zu erklären, warum unser Auftritt so schlecht war. Wir wissen nicht so genau, wann wir lustloser waren: heute oder am 6.9. in Bramberg (s. o.). Jedenfalls: Tschuldigung, bitte! Vielleicht sind wir nächstes mal besser. Bitte auch um Verzeihung, dass wir über Einzelheiten unseres Auftritts nichts berichten können, aber wir haben die Zeit dort auf der Bühne vollständig aus unseren Gedächtnissen verdrängt. Wir können uns nur noch an die sogenannten visuals erinnern, der Herr Gerry Miller zauberte bei unserem Auftritt eine tolle Collage aus Livebildern, Schisprung-Archiv-Aufnahmen, unserem Logo, Texten und bunten Figuren und Effekten auf die Leinwände und Monitore. Nichtsfürungut, aber da wir ganz fürchterliche Sensibelchen sind, haben die uns schon abgelenkt, wir glauben sogar, aber das ist ja eh klar, dass das Publikum das multimediale Geschehen interessanter fand als uns zwei Salzsäulen. Wir übrigens auch. Letztendlich waren wir nach dem Konzert anstatt erschüttert eher erleichtert, weil wir und die Leute uns nun endlich überstanden hatten. Als wir in den Backstageraum zurückgingen, saß dort ein Herr mit weißem Anzug und rosa Stecktuch, der behauptete, Louie Austen zu sein. Wir glaubten es ihm sofort. Und als wir ihm dann dabei zusahen, wie man gute Stimmung erzeugt, wurde uns klar, dass wir doch etwas Sinnvolles zum Abend beigetragen hatten: Lollo hatte Herrn Austens Barhocker vorgewärmt. Weiter erwähnenswert erscheinen uns noch die im weiteren Verlauf sehr gute Stimmung, die Breakdance-Einlagen bei DJ DSL´s Auftritt, die ausgezeichnete Käseplatte und, dass Mugg Minimal uns eine CD geschenkt haben, aber wir hatten keine zum zurückschenken.

  • 27.09.03: Campusradio-Fest im Jesters, Obergrafendorf
    Das Aufstehen in der Früh war geprägt von einer exorbitant unfreundlich quengelnden Italienerin, die uns in aller Herrgottsfrüh (halb zehn, stellen Sie sich das einmal vor!) mehrmals anrief, um uns aus dem Zimmer zu werfen. Obwohl wir hartnäckig waren und noch ein bisschen fernsahen, war die Moral dieser Xanthippe immer noch nicht zermürbt, im Gegenteil, sie piesackte uns weiter mit ihrer vehementen Forderung nach restloser Beschriftung ihrer Meldezettel! Natürlich nicht per freundliche Bitte sondern durch im Kasernenton ausgestoßene Befehle, wobei sie uns aber auch zweimal den Kugelschreiber wieder wegnahm, was den von uns schon sehnlich herbeigewünschten Abschied von diesem Ort weiter verzögerte. Übrigens: Das Hotel heisst Maradonna. Falls´ wen interessiert. Jedenfalls wir ins Auto, Türen zu, und mit Gummi weg. Zum Bahnhof. Dorthin brachten wir die Eliane, die hatte unsere Dreitagestour bis jetzt mitgemacht. Der Bernd und wir zwei wollten noch ein bißchen in Steyr bleiben, weil wir noch Zeit hatten bis zum nächsten Auftritt, und weil Steyr ein schöner Ort ist. Das wissen wir, weil wir schon einmal da waren. Wir wussten nicht genau wohin, also sahen wir uns den Stadtplan an, entdeckten, dass es in der Enns eine kleine Insel gibt, und sagten uns "Die schauen wir uns an". Wenn die Enns ein Meer wäre, würde man den von der Insel, die eigentlich eine Halbinsel war, abgetrennten Flussteil Lagune oder Haff und die Halbinsel Lido beziehungsweise Nehrung nennen. Wir warfen Steine ins Wasser. Auf unserem Spaziergang durch die Altstadt schauten wir auch noch kurz in einer Kirche vorbei, wo gerade sehr unchristliche Töne auf der Orgel gespielt wurden. Dann dachten wir, es wäre schlau, jetzt essen zu gehen. Das Lokal hiess Adria, und es lag gleich gegenüber der Kirche. Das Essen war sehr gut. Lachsfilet, Goldbrasse und Cevapcici. Dann fuhren wir wieder in Richtung Osten. Genauer gesagt fuhren wir bei St. Pölten von der Autobahn ab und in die Suburbs von Obergrafendorf rein. Dort liegt das legendäre Jesters, ehemals Cave-Club, das uns von früher (s. zB hier) in guter Erinnerung ist und gerade den eben fertig gestellten Umbau feierte. Sozusagen Gastgeber der Veranstaltung war das regionale Campus-Radio. Die wichtigsten Umbau-Fakten: eine neue Bar, Backstageraum jetzt unten, Wuzler mitten im Saal, Spielraum heisst jetzt 2nd Floor. Die Jungens von Petsch-Moser, die bald eintrafen, begrüssten wir nach und nach . Heute war nämlich wieder einmal Wintersporttournee-Revival, quasi. Aber auch nur, weil Jugendstil undisponiert waren, und wir, mit unserem in solchen Situationen äusserst erfolgreichen Minimalkonzept, einspringen durften. Herumsitzen, warten, Soundcheck machen, warten, schließlich zum Essen fahren. Wenn wir ehrlich sind, haben wir schon nicht mehr geglaubt, dass wir am richtigen Weg sind, wir waren mindestens eine Viertelstunde unterwegs, bis wir beim Gasthaus ankamen. Dafür gab´s da aber super Krautsalat, mehr brauchten wir nicht, wir hatten ja schon in Steyr unseren Hunger gestillt. Petsch Moser wählten zum Großteil den Klassiker Wiener Schnitzel, in solchen Situationen nie die falsche Wahl. Für die Größe der Gruppe war das ganze Mahl schnell bestellt, gegessen und bezahlt, und so blieb die Angst, wir würden zu knapp vor unserem Auftritt zurückkommen, unbegründet. Bei unserer Rückkehr wurde es schon eng im Jesters, das hatten wir erwartet, das Jesters ist nämlich immer voll, wie wir vermuten. Wir gingen in den Backstageraum und versuchten mit dem Christian und dem Bernhard gemeinsam, uns unsere eigene Musik-Comedy-Show zu machen. Dann trat ein Radiomitarbeiter namens Stefan mit der Bitte an uns heran, ihm Information für seine Bühnen-Moderation zu geben. Wir beantworteten seine Fragen nach bestem Wissen und Gewissen. Stefan sagte dann schließlich auch alles durch, einschließlich unserer nächsten Konzerttermine in Großmugl und Judenburg. Wir waren ziemlich gelöst an diesem Abend, diese Laune konnte uns auch die unseres Wissens erst zweite gröbere technische Schwierigkeit unserer Laufbahn just zu Anfang unseres Konzertes nicht verderben. Das Gitarrenkabel war kaputt. Es hatte zwar beim Soundcheck noch funktioniert, aber so ist das angeblich immer, wenn etwas kaputt geht. Jedenfalls haben wir uns nicht beirren lassen, irgendwie hat es uns heute besonders viel Spass gemacht. Obwohl wir doch auch viel Blödsinn machten und unsere musikalischen Fähigkeiten sich am dritten Spieltag in Folge nicht von ihrer besten Seite zeigten, entwickelte sich unser Auftritt relativ glücklich. Wir müssen wohl gestehen, dass wir uns heute mehr verausgabten als an den Tagen zuvor, da mussten wir am jeweils nächsten Tag ja nochmal singen und spielen und hatten Angst zu heiser zu sein oder zu viel Blasen auf den Fingern zu haben. Dann war da so ein Mädchen, das uns mitten im Konzert bat, ihrer Freundin zum Geburtstag zu gratulieren - so was passiert ab und zu; die Bittsteller neigen oft dazu, sich umständlich und mißverständlich auszudrücken, werden aber böse, wenn wir ihnen klarzumachen versuchen, dass wir gerade auch was anderes tun müssen. Wenn man ihnen aber zuhört, werden alle anderen böse, weil die davon nix mitbekommen. Naja. Nach eineinhalb Stunden Enthusiasmus (der Christoph hat zum Beispiel bei Funaki zeitweise gejodelt oder es zumindest versucht) waren wir ziemlich nass vom Schweiss und heiser vom Schreien, und nach Ole Gunnar Fidjestoel ging dann eh nichts mehr, also machten wir Platz für Petsch Moser. Petsch Moser gingen auf die Bühne und sagten zu uns "Bist du deppert, ist das heiss". "Das wird noch heisser", sagten wir. Man sah die vier arg schwitzen, das lag zum einen am Klima, andererseits aber vielleicht auch daran, dass mehrere Lieder, die sie spielten, neu waren und zumindest teilweise zum ersten Mal aufgeführt wurden. Schwitzen war in dieser Hinsicht aber eh nicht begründet, weil die Lieder sich gut anhörten. Das fand auch das Publikum, das tanzte, sang, sprang und flog, dass es eine Freude war. Wir durften für drei wunderbare Minuten auch noch vom süssen Kuchen der Hysterie naschen. Als letztes Lied stand nämlich die Petschmoser&Christophundlollo-Band-Version von Ari-Pekka Nikkola auf dem Programm. Lollos Gitarre ging aber nicht, weil die D.i.-box futsch war. Dennoch waren wenigstens wir beide nach der Session zufrieden mit der Musik, immerhin hatten wir so gut wie gar nicht geübt, und die Darbietung vor Publikum war besser als beim Soundcheck. Nachher fielen wir alle von der Bühne und wurden von unserem fünfköpfigen Medizinerteam sofort mit Flüssigkeit versorgt. Dann können wir uns noch erinnern, ein Interview gegeben zu haben, wobei wir aber vermuten, dass die Senderleitung hier für ein Sendeverbot eintreten wird. Das Gespräch mit den Leuten vom Campus-Radio 94.4 hat uns offensichtlich vor Augen geführt, dass Sprechen von nun an nicht mehr zu unseren Fähigkeiten zählte, also beschlossen wir, uns zum Wuzeltisch zu begeben. Dort zeigten wir gewaltige Leistungsschwankungen, und probierten es deshalb mit einfachem Herumstehen. Das wurde uns bald zu kraftraubend, und wir setzten uns nieder. Dann aß Lollo einen Apfel, den er seit 3 Tagen in der Gitarrentasche herumgetragen hatte. Der Christoph aß zuerst eine, dann noch eine Thunfischpizzaschnitte. Der Pauli soll sich bitte nicht beschweren, dass er kein T-Shirt von uns bekommen hat, wir wollten´s ihm geben, aber er war nicht aufzuwecken, dafür haben wir Zeugen. Dann, es war wirklich schon spät und wir mussten schließlich noch nach Wien zurückfahren, wollten wir uns auf den Weg machen. Wir wurden aber noch von einem jungen Mädchen aufgehalten, das uns durch sein Verhalten irritierte. Sie folgte uns still zum Auto und wollte mit uns mitfahren, weil sie, so vermuten wir, überzeugt war, dass sie zu uns gehört. Wir stellten fest, dass sie sehr verwirrt war und versuchten, herauszufinden, wie man ihr eventuell helfen könne, mussten diese Aufgabe nach einiger Zeit aber an eine uns kompetent erscheinende Person abgeben, weil wir echt schon hundemüde waren. Dieses Ereignis hat uns sehr beschäftigt und wir hoffen, dass es dem Mädchen gut geht.
    3-Konzerte-in-3-Tagen - Fazit:
    • Christophs Stimmbänder schwer erodiert,
    • Lollos Finger wund,
    • 1 Kabel kaputt,
    • 1 Stimmgerät weg.
    • aber lustig
    Die Natascha war so nett, uns zu fotografieren:
    In St. Pölten gibt es auch wilde Rocker  Bühnenfoto vom Gitarristen von Christoph und Lollo  Musikerduo bei der Arbeit  Eine Hand der österreichischen Rockertruppe Petsch Moser
    Noch mehr Fotos und Berichte gibt´s bei City-Flyer, Campusradio, LetHereBeRock und Joynt (oarg, gell?).

  • 18.10.03: Gustav-Adolf-Kirche, Wien VI

    NEU!!! Jetzt mit Rechtschreibprüfung!!!

    Das Allerwichtigste zuerst: Wir traten heute in einer Kirche auf, zwar in keiner richtigen Kirche, aber in einer Evangelischen. Das war dafür dann gleich die größte evangelische Kirche Österreichs überhaupt. Die Möglichkeit dazu gab uns der Verein "S'Häferl", die veranstalteten dort ein Fest für sich. Das Häferl ist grunds�zlich ein Treffpunkt für Leute mit Hafterfahrungen, in letzter Zeit werden aber auch obdachlose Asylwerber betreut, weil der Herr Innenminister macht das nicht mehr. In der Kirche konnte man Wein und Bier oder Würstel kaufen, neben ihr, im Garten, brannten Lagerfeuer, und unter der Kirche, in einem anderen Raum, waren auch Leute versammelt. Das Programm war dicht gepackt, ganz im Gegensatz zu den Zuseherreihen, die in einer Kirche wohl anders heißen, zum Beispiel Kirchenbänke. Außer uns traten an diesem Abend auch ein Mann mit Gitarre, der verschiedene Lieder sang, und der Wolfgang Ambros und ein Freund von ihm, der auf der Mundharmonika spielte, auf. Eigentlich war es nicht der echte Wolfgang Ambros, und der andere war wahrscheinlich auch kein Freund von ihm, aber wenn man nicht hinsah, merkte man diesen Umstand nicht. Die waren nämlich super. Aber wir waren vorher. Wir standen dort vorm Altar und waren nicht erleuchtet. Aber es klang als wären wir Engel, taube Engel halt. Durch das starke Echo konnte man noch deutlicher hören, wie falsch wir singen. Wir waren halt nicht so wirklich gut drauf, wahrscheinlich war´s die Ehrfurcht, die uns zittern ließ. Aber Spaß hat's trotzdem gemacht, den wenigen Zuschauern vermutlich auch. Nach unserem Auftritt sahen wir uns noch den Ambros eine Weile lang an, das war teilweise so besinnlich, dass Zwei unserer Gesellschaft sich an der Kirchenbankheizung die Schuhe zerschmolzen. Ach ja, eine Videokassette haben wir auch geschenkt bekommen, von einem alten Auftritt, da haben wir uns gefreut. Und als wir heimgingen, weil wir müde waren, feierten fröhliche Leute noch munter weiter.

  • 24.10.03: Cocomo, Grossmugl
    Heute stand uns schon wieder eine Premiere ins Haus. Nach unseren Auftritten in einem Schwimmbad, einer Schlachthalle, einem Palmenhaus, einem Balkon, einer Küche, einem Theater, einem Schaufenster und zuletzt einer Kirche spielten wir heute erstmals in einer Disco. Die Disco hieß Cocomo und der Ort Grossmugl, da waren wir noch nie. Wir haben uns ein bisschen gefürchtet, uns sind Bilder mit Udo Huber und gröhlend-kreischenden muskulösen Burschen im Gedächtnis. Unser Tourbus (heute übrigens ein 76er VW-Käfer) brachte uns sicher zum Auftrittsort, und wir konnten uns die Disco ansehen. Sehr geschmackvoll! Es gab dort zwei Floors, und vom oberen konnte man durch eine Öffnung über der Tanzfläche auf die untere Ebene schaun. Ausserdem gab es Tischfußball und Flipper, Bars, ein angeschlossenes Gasthaus, Fernseher, bunte Lichter und glitzernde Sachen, also alles was eine Disco braucht. Die Bühnensituation stellte sich aber als ein wenig schwierig heraus, wir konnten die Musik aus den Lautsprechern fast nicht hören, weil wir in einer Nische hinter ihnen standen. Für diese Zwecke gibt es sogenannte Monitorboxen, das sind die schwarzen Kästen die immer am Bühnenrand herumstehen und die Musiker akustisch versorgen, heute gab es die aber nicht, zumindest nicht gleich. Der Geschäftsführer schickte aber sofort nach adäquatem Gerät. Als es dann kam, war auch ein Mann, der sich damit auskannte mit dabei. Aber vorher durften wir noch was essen, wobei wir Gesellschaft hatten. Zu unserer allergrößten Überraschung setzten sich nämlich die Hannah und der Hermeeehs an unseren Tisch. Der folgenden Unterhaltung verdanken wir unter anderem das Wissen, dass beim Bundesheer die Karfiol-Köpfe als a ganza herausgebacken werden. Im Backstageraum hing ein Poster vom DJ Ötzi, der schon im Cocomo aufgetreten ist, und zwar auch als Premiere in einer Disco nach seinem Welterfolg "Anton aus Tirol", also sind wir offensichtlich am richtigen Weg. Als wir die Anweisung erhielten, die Bühne zu betreten, war´s schon recht spät. Uns hat's fast davongeblasen, als die Monitorboxen in Betrieb genommen wurden. Wir tranken noch den rituellen Blutwein, rissen uns Haare aus den Achseln, verbrannten sie und sprachen Zauberformeln, schlugen uns dreimal kräftig ins Gesicht und stürmten die Bühne. Ach, wie wir erleichtert waren. Denn unten, um genauer zu sein 20 Zentimeter tiefer, standen gar nicht gewalttätige Horden, sondern ganz normale Jugendliche und jüngere Erwachsene. Unser Auftritt war dann vermutlich so wie das bei uns immer so ist. Das heißt so einschläfernd, dass man als Zuseher zu müde ist, um sich zu beschweren. Aber wir kennen das ja nur aus unserer Perspektive. Im Publikum war ein junger Mann, der wollte, dass wir "Joyride" singen, aber wir können das gar nicht, was ihn nicht daran hinderte zu behaupten, wir hätten das schon einmal bei einem anderen Konzert gemacht. Nach dem Konzert trugen wir uns geschwind im Gästebuch ein, bestiegen unseren Helikopter und machten uns auf den Weg nach Sundown Valley.

  • 07.11.03: Gewölbekeller, Judenburg
    In Judenburg gibt´s einen rechteckigen Gebäudekomplex, der einen freien Hof mit Säulengängen und mehrstöckigen bestrickend blumig warm fassonierten Fassaden umfasst. Unter Glas führt eine Schräge in den Gewölbekeller. Dort hängen stoffig grau verfuselte Kuben von der Decke. In der unteren Hemisphäre des Raums wirkte er mittelalterlich kühl aber doch aufregend. Sie sehen also, es war ein gar wundersames Plätzchen, an dem wir heute unseren Schabernack treiben wollten. Dort wuselten gleich nach unserer Ankunft mehrere jüngere Männer umher, die sich alle um uns kümmerten. Nur Monitorboxen gab´s nicht, was sich aber angesichts der guten Akustik und zu erwartenden Intimität des Abends als vernachlässigenswerte Einschränkung erwies. In dem Raum neben der Bühne gab es einen Tisch mit der üblichen Wurst-Käseplatte, von der man annehmen könnte, sie würde uns von Auftrittsort zu Auftrittsort verfolgen, würde sie nicht so frisch und verführerisch dreinschauen. Immer liebevoll drapiert, mit duftendem Gebäck. Unser Soundcheck, der einem präzise vorgeschriebenen Ablauf folgt, ging heute mehr oder weniger fließend in den Auftritt über, wir verzogen uns aber schon so alibihalber kurz zurück. So geschah es also, dass wir fast gar nichts von der Wurst-Käseplatte abbekamen, denn wir mussten ja gleich wieder auf die Bühne. Diesmal waren wir nicht gar so schlecht drauf wie bei den letzten Malen, haben uns aber oft versungen und verspielt, was den Leuten aber eh nicht so viel ausmacht, wie wir ja schon seit längerem wissen. Wir hatten auch nicht das Gefühl, dass wir schon zu lange spielen würden, deswegen wurde es diesmal wieder ziemlich spät. Aber das wollten die Leute so, die wollten nach den Zugaben nämlich noch Zugaben. Beim letzten Lied konnte der Lollo nur mehr krächzen, wegen Heiserkeit. Dann hatten die Menschen ein Einsehen mit uns und wir nahmen im Backstageraum Platz. Wir bekamen eine CD geschenkt, mit liebevoll gestaltetem Cover bzw. Innersleeve oder wie das heißt. Die meisten Leute sind bald gegangen, die restlichen haben sich alle zu uns gesellt und uns erzählt, dass heute Abend in der ganzen Stadt der Bär los wäre. Es war nämlich Erotik-Night in Judenburg, mit Striptease, Massagen, Piercing und ähnlichem Zeitvertreib. Das war für uns Grund genug, noch einen heben zu gehen. Wir sahen aber nur mehr zwei sich Ausziehende. War nicht so super. Also tranken wir dann unsere Biere aus und stellten uns an die Straße um ein Taxi für uns zu gewinnen. Und in einem ganz formidablen Gasthof in Zeltweg beschlossen wir den netten Abend mit einem herzlichen Grunzen.

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